172 Gäste, 0 Mitglieder
Willkommen zu Das Feldpost Sammlerforum "www.die-feldpost-2-weltkrieg.org". Bitte anmelden oder eintragen.

22. Dezember 2024, 07:24:10

Anmeldung mit Benutzernamen, Passwort und Sitzungsdauer

Merkwürdiger Feldpostnummernwechsel für wenige Wochen?!

Begonnen von daflocki007, 24. August 2016, 14:00:37

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

daflocki007

Hallo zusammen,

ich habe in den letzten Wochen den Fallschirmjäger Nachlass bearbeitet, aus dem ich schon einige Belege vorgestellt habe. Nun bin ich endlich mit den gut 300 Briefen fertig, teilweise wirklich interessant.

Leider ist der Nachlass nicht vollständig, aber der Großteil dürfte erhalten sein. Alle Briefe sind stimmig, es gibt nur eine kleine Auffälligkeit für die ich keine Erklärung habe.

Die Briefe beginnen bereits 1938, ab Kriegsbeginn hauptsächlich Feldpost von der 31616 (bzw. L31616) - 3. Kompanie Fallschirmjäger Regiment 1. Der Absender war auch bis zu seiner tödlichen Verwundung 1943 in dieser Kompanie, laut Aussage in einem späteren Feldpostbrief dürfte er seit 1936 Soldat gewesen sein (schrieb 1943, dass er nun 7 1/2 Jahre Soldat sei).
Alle Briefe sind auch von der Feldpostnummer dieser 3. kp. geschrieben mit Ausnahme von 3 Briefen im September 1940.
Aus den Inhalten geht nicht hervor warum im September eine andere Feldpostnummer genutzt wurde, es wird auch nichts von einer anderen Einheit erwähnt.

Das FJR1 war nach den Einsätzen in Norwegen, Holand und Narvik im August wieder in Stendal (Friedensstandort).
In der Literatur konnte ich folgendes finden: Vorkommandos der Division (gemeint die die 7. Flieger-Division, Tarnname der Fallschirmverbände) waren Anfang September in für die vorgesehenen Bereitstellungsräume um St. Quentin verlegt worden. Anfang oktober wurden sie wieder in die Heimatstandorte verlegt, da das Unternehmen Seelöwe vorerst verlegt/abgesagt wurde.

Hier die Briefe des Fallschirmjägers von September 1940:

                           25.9.40
Mein liebes Irmchen!
Haben dich meine letzten Zeilen von hier schon erreicht. Wie lange geht die Post bis zu dir. Beiliegend sende ich dir eine kleine Erinnerung an meinen letzten Urlaub - die Reisemarken. Darunter noch 750 gr. Fleisch. Ich kann die Marken hier nicht gebrauchen. Schicke mir bitte keine Päckchen gleich welchen Inhalts. Zu essen habe ich hier genug. Die einzige Sorge waren deutsche Zigaretten, aber auch die sind nun hier zu haben. Die Franz. Zigaretten sind ja so schlecht. Mir fehlt sonst garnichts hier - nur du. Ich habe soviel Zeit zum spazierengehen und so allein ist es so langweilig. Wenn du hier wärst wollten wir es uns schon gemütlich machen. Mein lieber Schatz, ich war soeben in einer Stadt hier im Kino "Frau nach Maß" wurde gespielt. Kennst du den Film. Er war herrlich. Ich hätte ihn so gerne mit dir zusammen gesehen. Wenn ich mit meinen Kameraden wieder nach St. zurückgefahren wäre, hätten wir in diesen Tagen noch geheiratet. Außerdem hätten wir uns noch einige Male treffen können. Aber es ist nun mal nichts daran zu ändern. Der Krieg dauert ja auch nicht ewig. Bethel [Stadtteil Bielefeld] hat der Engländer in den letzten Tagen auch besucht. Geh du mir immer hübsch in den Keller. Die Vergeltung in England ist schrecklich und wird noch viel schrecklicher enden. Geschwader um Geschwader startet hier Stunde für Stunde bei Tag und Nacht mit ihren verderbenbringender Last. Hier sieht man wieder die harte Arbeit unserer Luftwaffe und oft unterhalte ich mich mit den Besatzungen die vom Feindflug zurückkehren. Ganz im Vertrauen fragt man uns was wir hier machen. Ein Achselzucken ist die Antwort. Doch man vermutet den Schrecken Englands dahinter. Deutschland wird leben, wenn wir auch sterben müssen! Mir geht es noch gut, dies wünsche ich auch dir mein lieber Schatz.
Dir herzliche Grüße und liebe Küsse dein Willi

Liebr Schatz, ich habe mich beim letzten Besuch über deine Mutter geärgert, weil sie mir die Butter eingepackt hat. Aber böse sein kann ich ihr doch nicht. Sie ist so nett zu mir. Grüße sie bitte herzlich von mir, dein Willi.

                           27.9.40
Mein liebes Irmchen!
Schicke ab sofort keine Post mehr an die Feldpost No. 02475, da ich die ungemütliche Stätte hier verlassen werde. Post nur noch an meine alte Adresse L31616. Post die für mich nach hier unterwegs ist, wird an meine alte Adresse nachgesandt. Vielleicht können wir uns am kommenden Sonntag in St. oder Bielefeld treffen. Was meinst du ob wir nicht noch schnell heiraten wollen. Wir machen dann Kriegstrauung. Laß alle Papiere fertig machen. Ich lasse hier eine Blutprobe machen und reiche dann die Heiratserlaubnis ein. Papiere brauche ich sonst keine.
Bis zum frohen Wiedersehen dir herzliche Grüße und liebe Küsse dein Willi.

Am 29.9.40 war der Soldat wieder in Stendal.
Die Briefe wurden von der Feldpostnummer 02475 geschrieben, diese sollte zur RAD-Abteilung 7/188 gehören.
Dies passt in meinen Augen aber überhaupt nicht zusammen. Warum sollte diese Nummer benutzt worden sein? Absenderangabe ist weiterhin Fw. (Feldwebel), den gab es in einer RAD Einheit doch aber nicht. Aus den Inhalten geht hervor, dass sie in Frankreich geschrieben wurden, in St. Quentin waren auch Flughäfen, die für den Einsatz bei der Luftschlacht um England genutzt wurden. Es passt also gut zusammen. Da ich keine andere Kenntnis über Fallschirmjäger Einheiten in Frankreich im September 1940 habe, gehe ich davon aus, dass der Absender im Raum St. Quentin war und dort mit Vorbereitungen für eine Luftlandung in England beschäftigt war.

Nur warum eine andere Feldpostnummer, die in keinem Zusammenhang mit der Fallschirmtruppe steht???

Aus meiner Sicht gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Die Feldpostnummer war einer anderen Einheit zugeteilt, was im Kannapin nicht aufgenommen ist.
2. Es wurde absichtlich eine andere Feldpostnummer angegeben, um zu verschleiern, dass sich Fallschirmjäger in diesem Raum aufhalten. (wobei ich da sehr skeptisch bin, da die Nummern eh nicht entschlüsselt werden konnten)

Vielleicht hat jemand noch eine weitere Idee? Ich bin für jede Anmerkung, Ergänzung, Vermutung, Erklärung etc dankbar!

daflocki007
Flo
Immer auf der Suche nach Fallschirmjäger-Feldpost

hw33175

Hallo Florian!
In meinem RAD-Register habe ich die Fp. Nr.: 02475 = RAD-Abt. 7/188 am 5.7.40 mit den Daten Nordfrankreich, PSS Lille vermerkt.
Auf dem Brief stand auch im Absender zu Fp. Nr. noch Luftgau XI.
Die Einheit ist mit Sicherheit zum Bau und Ausbessern von Flugplätzen eingesetzt worden.
Leider kann ich den Beleg nicht abbilden.

Von der Einheit habe ich noch Belege aus 3-5/43, die ich schon eingestellt habe. Da war die Einheit in Griechenland, Larissa zum Bau eines Flugplatzes eingesetzt.
Auch von 1944 habe ich einen Beleg der Einheit, wo im Text Flugplatz steht.

Ich denke, daß der Fallschirmjäger wegen einer möglichen besseren Postverbindung diese Fp. Nr. benutzt hat, denn er wird auch in der Nähe eines Flugplatzes gelegen haben.

Heinrich

name301

Hallo,

schon wirklich seltsam. Vor allem, weil er im Inhalt auf die Nummer hingewiesen hat.

Viele Grüße
name301

Fliegende Einheiten, Stalingrad, Kessel, Zensur, Feldpost aus 45

daflocki007

Hallo zusammen,

danke Heinrich, Nordfrankreich passt ja schon mal sehr gut. Das würde also alles gut zusammen passen, ich gehe also davon aus, dass der Absender dort war, wie in der Literatur beschrieben bei einem Vorkommando.

Die Idee mit der Nutzung einer anderen Feldpostnummer will mir aber irgendwie nicht gefallen. Grundsätzlich ja einleutend, aber war das einfach so möglich? Ich habe soetwas noch nie gesehen. Man konnte doch nicht einfach eine fremde Feldpostnummer angeben. Wie sollte die Post denn bei der RAD Abteilung an den Fallschirmjäger kommen, die kannten die Person ja eigentlich nicht!?
Das Absenden der Feldpost dürfte ja unproblematisch sein, die konnte man ja überall abgeben, musste nicht bei der eigenen Einheit sein. Ich frage mich aber ernsthaft, ob die Angabe einer fremden Feldpostnummer die Erreochbarkeit wirklich verbessern würde? Ohne das wirklich zu wissen, aber ich kann mir nur schwer vorstellen, dass sowas erlaubt war.

Hast du sowas schon mal in einem Nachlass gesehen?

daflocki007
Flo
Immer auf der Suche nach Fallschirmjäger-Feldpost

hw33175

Hallo!
Ich habe diese Sache mit der Feldpostnummer schon in mehreren Nachlässen gehabt.
Hier ein Beispiel aus einem Beitrag von mir über La Rochelle:

"Nun muß ich Euch noch über meine Adresse informieren. Ich habe nämlich eine hauptamtliche, die für uns eigentlich gültig ist. Sie hat den Nachteil nur alle Woche bis 3 Wochen zu kommen.
Sie lautet:
L 49060A Lg. Pa. Paris (Stab IV Fl. Rgt. 90 / Ber. La Rochelle / St. Jean d´Angely)
Dazu kommt die nebenamtliche, die täglich kommen und gehen soll u. daher für uns nur in Frage kommt. Diese lautet:
L 51313 S Lg. Pa. Paris (Fl. H. Kdtr. (E) 233/XII / La Rochelle)

(Anmerkung:
Von La Rochelle bis St. Jean d`Angely sind es rund 70 Straßenkilometer.)

Das Postgeld schickt Ihr wahrscheinlich besser an die erste Anschrift. Hoffentlich wird es von den beiden vorigen Malen noch nachgeschickt. In den nächsten 3 Wochen brauch ich ja überhaupt nicht mit Post zu rechnen."

Wenn das Vorauskommando am Fluplatz gelegen hat, bei dem sich auch die Poststelle des RAD befand, genügte sicherlich eine Information an den verteilenden Soldaten um die Post zu bekommen.
In einem anderen Nachlaß, bei dem der Soldat zu Unterrichtszwecken als Lehrer abgeordnet wurde, schreibt er, daß er das mit der Weiterleitung der Feldpost geregelt hätte. Hier schrieb er immer unter seiner normalen Fp. Nr. und erhält die Post auch an diese Nummer.

Heinrich

daflocki007

Hallo Heinrich,

vielen Dank für den Beitrag, das war mir bisher total unbekannt, habe sowas bisher noch nie gesehen. Wenn das also möglich war und auch mal vorkam, könnte das in diesem Fall durchaus auch der Fall sein.

Wirklich schade, dass der erste Brief aus Frankreich offensichtlich fehlt, da könnte vielleicht die Lösung zu finden sein  :-\

daflocki007
Flo
Immer auf der Suche nach Fallschirmjäger-Feldpost