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30. Dezember 2024, 19:24:09

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Hauptmann, eingeflogen in den Kessel von Stalingrad

Begonnen von name301, 28. August 2023, 21:32:29

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name301

Hallo zusammen,

nach einiger Zeit möchte ich auch mal wieder einige Belege zeigen.

Zeige hier einige Briefe eines Hauptmannes, der am 12.12.1942 in den Kessel von Stalingrad eingeflogen wurde, um bei dem Infanterieregiment 260 (113. Inf.Division) ein Bataillon zu übernehmen.
Wer sich mit der Thematik Stalingrad beschäftigt hat, weiss, daß bis in den Januar 43 noch Offiziere eingeflogen wurden. Häufig waren das aber Offiziere, die zu ihren Stammeinheiten zurückgekehrt sind, weil sie zum Zeitpunkt der Einschließung abwesend waren wegen Urlaub usw.
Dieser Hauptmann aber war vorher in Finnland und wußte bis zum Einfliegen nicht wirklich genau, zu welcher Einheit es ging.

Sein Werdegang:
Bis Mitte 1942 Kompaniechef und Bataillonsführer bei Feldpostnummer 41424 A und C = Grenadierregiment 307 (163. Inf. Div. Finnland)
Oktober 1942 Bataillonsführeraschule Mourmelan (Frankreich) Feldpostnummer 08020
November Infanterieschule Döberitz bei Berlin
Anschließender Urlaub wurde gestrichen und es erfolgte eine Kommandierung in den Osten
30.11.42 und 01.12.1942 schon in Lemberg (Er gibt die Feldpostnummer 00436 an = Stab Inf.Rgt 307, 163. Inf Division an, warum auch immer)
5.12.1942 Charkow (Feldpostnummer 44544 = Oberkommando Heeresgruppe B, Führerreserve 1)

Feldpostbrief Nr 1: (Bahnhof Endstation)
Luftpostmarke abgefallen
Datum aus Inhalt: 10.12.1942
Alte Feldpostnummer 00436 = Stab Inf. Rgt 307, 163. Inf Div Finnland
Inhalt:
Es ist diesmal sehr schwer, das eigentliche Endziel zu erreichen. Gestern morgen kam ich endlich am derzeitigen Bahnhofsendpunkt an. Doch mußte ich aber dann bis heute morgen kampieren, denn der mich abholende Wagen kam erst in der Nacht und da war es dann zu schwierig zu fahren.... gerade war ich im Frontkino. Draußen hörte man den Kanonendonner und innen machte Heinz Rühmann in dem Film "Hauptsache glücklich" seine Scherze.
Überhaupt spürte man hier gleich wieder die Frontnähe. Morgen früh muß ich nun wieder mit dem Wagen ein großes, großes Stück zurückfahren zu einem Flugplatz. Noch morgen oder auch erst übermorgen geht es dann mit dem Flugzeug wieder vorwährts. Ich hätte nicht geglaubt, daß ich meinen ersten Flug auf diese Weise mache. Doch mein endgültiges Ziel ist auf andere Weise nicht zu erreichen.......Meine neue endgültige Anschrift weiss ich immer noch nicht.

Ich habe ja kaum Gepäck, doch auch dies darf ich nicht alles mitnehmen. Daher mußte ich heute nochmal umpacken. Ich habe heute noch schnell zwei Päckchen an dich verpackt. Es sind eingesparte Lebensmittel

Feldpostbrief Nr. 2)  (Landung in Stalingrad)
Stempeldatum und Inhaltsdatum: 12.12.1942
Feldpostnummer: 44545 = Oberkommando Herresgruppe B, Führerreserve 1
Inhalt:
Nun ist mein erster Flug (vorbei). Es war schön und nicht ganz uninteressant. Davon möchte ich dir später mal berichten. Das eignet sich nicht zum Schreiben.
Ich wollte dir nur schnell sagen, daß ich wortwörtlich gut gelandet bin.
Hier auf dem Flugplatz habe ich noch Gelegenheit, Post aus dem Kessel hinauszubringen. Und dies wollte ich noch nutzen.
Ich warte hier auf den Wagen, der mich zur Armee bringt.  Falls jetzt einige Zeit keine Post kommen sollte, dann sei unbesorgt.


Feldpostbrief Nr. 3 (bei der Einheit angekommen)
Tagesstempel, 16.12.42, Datum aus Inhalt 15.12.42
Feldpostnummer 01513 = Regimentsstab , Inf. Rgt. 260 (113. Infanteriedivision)
Inhalt:
Heute will ich dir nur einige Zeilen mehr schreiben. Die Arbeit geht ja noch tagelang. Du kannst dir denken, daß es hier viel zu tun gibt.
Ich habe einen einigermaßen ruhigen Abschnitt übernommen. Doch unsere Gesamtlage an dieser Front erfordert unsere gesamte Anspannung. Aber wir sind voll davon überzeugt, daß wir auch dieses meistern werden,. Des Enderfolges sind wir uns gewiß. Die Entbehrungen sind nicht leicht, die Männer haben viel zu ertragen. Der vergangene Winter, den ich in Finnland verbrachte, scheint doch leichter gewesen zu sein. Wir hatten unser ausreichendes Essen und hatten auch genügend Holz. Doch darüber sollst du dir keine Sorgen machen, Du weißt, daß ich Entbehrungen ertragen kann..... Die Post geht ja mit dem Flugzeug heraus und so hoffe ich, daß dich meine Zeilen laufend erreichen.


Feldpostbrief Nr. 4) (Neues Bataillon)
Tagesstempel 18.12.42, Datum aus Inhalt 17.12.42
Feldpostnummer  01513 = Regimentsstab, Inf. Rgt. 260, (113 Inf.Div)
Inhalt:
Ich erhalte gerade einige Luftpostmarken..... Bei mir hier ist es sehr ruhig. Und im Großen gesehen, geht es auch voran.
Noch eine Woche, dann ist Weihnachten. Ich werde sie hier in diesem Bunker erleben. Leider inzwischen bei einem anderen Bataillon. Ich werde morgen leider ein anderes bekommen..... Draussen war heute herrlicher Sonnenschein. Jetzt in der Nacht ist es ziemlich kalt. Aber mein Bunker ist schon ziemlich warm. Ein Radio habe ich auch. Beneidest du mich?


Feldpostbrief Nr.5) Sylvester/ Neujahr

Tagesstempel 03.01.1943, aus Inhalt Sylvester, Neujahr
Inhalt:
Vor mir steht der Kerzenhalter, den du in mein Weihnachtspäckchen verpackt hattest (und in Berlin mitgegeben) Heute abend wird auch hier eine kleine Feier stattfinden. Neben dem Adjudanten werden nach dem üblichen Abendessen noch zwei Herren vom Batl. mir Gesellschaft leisten. Wir werden bis 22 Uhr Doppelkopf spielen, dann steigt das eigentliche Festessen. Einer der Herren hat ein Stück Pferdefleisch gestiftet. Wir selbst hatten im Btl. noch zwei Flaschen Sekt. Und ausserdem erhielt ich von der Division für den heutigen Abend eine Flasche Likör.
Es geht mir überhaupt gut. Seit Weihnachten bekommen wir öfters Vitamintabletten und auch Traubenzucker oder einmal sogar Dextro-Energen. ... mein Gepäck aus Finnland ist natürlich immer noch nicht da. ich habe mich aber hier ganz gut neu eingekleidet. Eine ganz neue Uniform, Filzstiefel, einen gefütterten Winteranzug und einen guten Pullover.
gestern kamen einige Luftpostbriefe vom 21.12. Nun bin ich zuversichtlich, daß auch für mich bald was kommen muss.. So Grüße ich dich heute abermals aus der Nähe Stalingrads

Nun schreiben wir also bereits 1943. Der Wechsel vollzog sich ungestört. Der Russe feierte zwei Stunden früher und schoß heftig das Neujahr an. Und dann kam unser Jahreswechsel. Die ganze Front war plötzlich erwacht. Leuchtkugeln stiegen allerorten auf. Und die Leuchtspurgeschosse geisterten in der Finsternis
Gestern fand ich mal wieder mehrere Läuse. deshalb Wäschewechsel. Der Bursche von mir wäscht ganz sauber. Ich habe heute morgen gestaunt, was für ein schlankes Kerlchen ich geworden bin....Wir haben fast kein Brennholz.

Feldpostbrief Nr. 6)  Unzustellbar
05.01.43
an Feldpostnummer 01513  Unzustellbar zurück Wehrmachtsbriefstelle VII München 15

Der Hauptmann ist laut Volksbund seit dem 25.02.1943 im Kriegsgefangenenlager Gumrak vermisst

Die 113. Infanteriedivision stand an der Nordkesselfront.  Teile der Division wurden aber bei Einkesselung in den Südwesten des Kessel verlegt, dabei wohl auch das Regiment 260, um dort eine Front aufzubauen. Es ist nicht sicher, ob diese Einheiten später wieder an die Nordfront verlegt wurden. Da der Hauptmann von Holzmangel schreibt, lag er mit seiner Einheit wohl in der Steppe.

Für mich ist es das erste Mal, daß ich Feldpost von einem eingeflogenen Soldaten bekommen habe. Insofern ist der Brief vom 12.12.42 für mich etwas ganz besonderes.

Beste Grüße
name301
Fliegende Einheiten, Stalingrad, Kessel, Zensur, Feldpost aus 45

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